Aufstehen, duschen, frühstücken. Dann kommt auf einmal Panik auf, denn der Koffer ist zu schwer. 15min vor der Abfahrt wird noch mal alles umgepackt und aussortiert. Dann muss ich Eike tschüss sagen, der schwerste Abschied von allen…
Ankunft beim Flughafen, wir sind viel zu früh. Erst eine halbe stunde später taucht eine andere Familie mit Rotaryaustauschschüler auf. Dann kommen langsam alle meine Freunde zum Verabschieden, und ich kann so langsam verstehen, dass ich alle für 330 Tage nicht sehen kann. Mir fällt ein das ich so ziemlich alle wichtigen Sachen, darunter Zahnbürste und Spanischwörterbuch, zuhause vergessen habe, super.
Irgendwann muss ich dann in den Sicherheitsbereich und am liebsten hätte ich alles rückgängig gemacht, weil alle so traurig waren, ich auch.
Ab ins Flugzeug, alles und alle hinter sich lassen. Erst von Bremen nach Frankfurt, in Frankfurt zwei Stunden warten, dann in ein Doppeldeckerflugzeug auf nach Mexiko-Stadt.
Der Flug dauert zwölf Stunden, fühlt sich aber an wie vierundzwanzig.
Als wir dann endlich landen, bin ich total aufgeregt. Meine größte Angst ist, dass meine Gastfamilie nicht da ist. Und als ich dann eine Stunde später mit meinem Gepäck durch eine Tür in die Empfangshalle laufe schreien mir zwar tausend Leute entgegen, aber meine Gastfamilie ist nirgends zu sehen. Ich bleib erstmal ruhig und schau mich um, da kommt auch schon jemand von Rotary und schleppt mich zu einem Sammelpunkt. Da steht dann auch meine Gastmami, die Rosa, mit zwei anderen Typen. Die beiden heißen Oscar und Miguel und sind Freunde der Familie, beide sehr nett.
Auf dem Weg zum Auto erzählt mir Rosa, dass sie extra für mich in ein anderes Haus gezogen sind, und dass sich hier Sohn beim Umzug den Arm gebrochen hat und deswegen erst einen Monat später nach Brasilien geht, alles klar.
Die Luft in Mexiko riecht anders, sowieso ist alles anders. Die Häuser, Straßen, Autos und die komplette Lebensweise.
Wir fahren 3 Stunden mit dem Auto und machen einen Stopp, damit ich meine ersten Tacos essen kann. Ich bin so müde, dass mir das eigentlich egal ist.
Irgendwann kommen wir in Taxco, meiner neuen Heimat, an. Ich war total überwältigt.
Taxco liegt an einem 1700 Meter hohen Berg und von weitem sieht es aus, als wären die Häuser aufeinander gestapelt, weil sie so eng stehen. Die Straßen sind im besten Fall aus Kopfsteinpflaster und so eng und steil, das kann man nicht glauben. Die meisten Leute haben hier einen Käfer als Auto, in allen Farben.
Unser jetziges Haus liegt aber etwas weiter draußen, ganz am Ende einer Straße. Es ist riesig. Ich hab ein eigenes Bad und zwei Betten. Wenn ich dusche kann ich über wunderschöne Berge schauen und nachts sieht man die Lichter der kleinen Dörfer.
Das einzige blöde an dem Haus ist, das es fast nie warmes Wasser und kein Internet gibt, dafür aber Skorpione und Killerbienen, deren Bisse dich in einer Stunde qualvoll sterben lassen. Beide hatte ich schon in meinem Zimmer, aber ich lebe noch (:
2.Tag, 5.08.2010
Da Rosa nicht gerne kocht, gehen wir mit der ganzen Familie frühstücken. Jacky ist meine Gastschwester. 14 Jahre, tausend Freunde, süß und nett. Ich mag sie wirklich gerne.
Josue ist mein Gastbruder und geht, wenn es ihm wieder besser geht, für ein Jahr nach Brasilien. Mario ist der Mann von Rosa. Er ist total lieb und lustig. Leider hatte er einen Unfall und dadurch funktioniert ein Teil seines Gehirns nicht mehr. Seine linke Körperhälfte ist gelähmt. Aber das macht nichts.
Frühstück in Mexiko ist anders. Ich bestelle einfach das gleiche, wie der Rest der Familie, will ja alles probieren.
Serviert bekomm ich aufgeweichte Nachos mit Bohnenmansch und schrecklich scharfer Soße. Schon beim ersten Versuch wurde mir schlecht, und meine Augen begangen fürchterlich zu tränen. Trotzdem habe ich fast alles aufgegessen und dann erstmal den Rest des Tages gar nichts.
Nach dem Frühstück zeigen mir Josue und Jacky die Stadt. Zehn Kirchen, meine Schule, den Zocalo (das Zentrum der Stadt mit Bänken und bäumen) und das Haus von Oscar.
Außerdem erzählen sie mir, dass hier jeden Tag gefeiert wird, und bis jetzt kann ich das nur bestätigen. Irgendeine Kirche hat immer was zu feiern. Dann gibt es Livemusik, Tänzer und Feuerwerk. Wir waren auch noch bei ihren Großeltern. Bertin, der Opa, war einmal Fotograf und einer der reichsten Männer der Stadt. Er hat noch immer über 20 Kameras und 100 Objektive. Leider sind die meisten total verstaubt und das Fotogeschäft seit kurzem geschlossen. Bertin ist zu alt und sein Sohn hat das Geschäft ruiniert. Jetzt liegen da in einem Zimmer so viele wertvolle Dinge, die keiner mehr braucht. Vielleicht springt da ja noch was für mich raus…
3.Tag, 6.08.2010
Weil mein Handy hier nicht funktioniert, ziehe ich mit Jacky los um mein Geld zu tauschen und ein Handy zu besorgen. Ein Euro sind 16 Pesos. Einmal Bus fahren kostet 4,5 Pesos. Taxi fahren 10 Pesos. Hier ist fast alles günstig. Mein Handy ist ein Superteil, besitzt sogar eine Taschenlampe. Meine Handynummer ist falls ihr mir mal schreiben wollt.
Da Rosa das neue Haus nicht gefällt, möchte sie wieder in ihr altes Haus ziehen. Das liegt nahe des Zocalo, hat warmes Wasser, Internet und keine bösen Insekten. Dafür ist es aber insgesamt etwa so groß wie mein Bad + Zimmer im jetzigen Haus…
Jacky und ich haben es uns angeschaut, und es eigentlich ganz süß. Mein Zimmer dort besteht aus Schrank und Bett, aber das macht nichts. Man verbringt die meist Zeit eh auf den Straßen oder auf der großen Terrasse.
Natürlich gibt es auch heute wieder etwas zu feiern, und deswegen ist vor der Santa Prisca ein riesiger Feuerwerksturm aufgebaut. Die ganze Stadt hat sich hier versammelt und es ist wirklich ein tolles Spektakel.
4.Tag, 7.08.2010
Wir fahren ganz früh morgens los nach Cuernavaca. Eine wunderschöne Stadt ungefähr eine Stunde von Taxco entfernt. Auf dem Weg dahin stehen mindestens 20 Pferde und 15 Esel, mitten auf der Straße. Wirklich cool, am liebsten würd ich einen süßen Esel mitnehmen…
Abends bin ich dann mit Josue und Jacky zu deren Kirche. Eigentlich sollten wir um halb 8 da sein, aber Mexikaner kommen grundsätzlich immer viel zu spät, immer !
Deswegen waren wir auch erst um halb 9 da.
Kirche und Religion ist hier für alle sehr sehr wichtig. Meine Familie gehört einer Kirche an, die christlich geprägt ist aber alles ganz anders angeht als andere Kirchen.
Vor und nachdem der Pastor eine zweistündige Rede hält, spielt eine Rockband christliche Lieder. Die Rede ist eine Art Predigt, und immer wenn man der gleichen Meinung ist, wie der Pastor, ruft man laut Amen als Bestätigung.
Ich wurde während des Gottesdienstes vorgestellt, als neues Mitglied der Familie. Und so werde ich auch behandelt. Alle sind total lieb, offen und freundlich.
5.Tag, 8.08.2010
Umzug steht an. Alle Sachen ins Auto und ab zum neuen Haus. Das liegt mitten in Taxco, ist total klein aber mir gefällt es hier. Ich habe Internet, warmes Wasser und bin zu Fuß überall in weniger als 10min.
Nachmittags wieder zur Kirche, diesmal mit der ganzen Familie. Natürlich wieder laute Musik. Es werden Tacos und Süßigkeiten verkauft. Jeder begrüßt mich, wie ein Familienmitglied, total lieb. Unten wird den kleinen Kinder von Gott erzählt, Oben beginnt er Pastor seine vierstündige Rede. Alles ganz anders, aber mit gefällt’s !
Ich möchte unbedingt einen Stierkampf im TV sehen, deswegen gehen wir nach der Kirche zu Oscar. Leider gibt’s kein Stierkampf und deswegen laufen wir einfach ein bisschen beim Zocalo rum. Ich kaufe mir Eis mit Rosengeschmack, richtig gut (:
Abends geht’s ins Kino, 3D für 4euro. Und alle beschweren sich über den Preis.